Eigentlich war für Juni eine Offroad-Alpentour geplant, die aufgrund der Schneelage mit zum Teil bis zu sechs Metern Schnee nicht stattfinden konnte. Nachdem eine zuvor geplante Flussbetttour in Norditalien scheiterte, weil kein Tourenpartner zu finden war. Flussbetttouren sollten immer mit zwei Fahrzeugen durchgeführt werden. So erkoren wir kurzfristig die Insel Crès zu unserem Urlaubsziel. Die Offroad- Möglichkeiten auf der Insel sind zwar beschränkt, da wir jedoch „Chillen“ am Meer und „Offroad“ kombinieren wollten, war es für den kurzen Aufenthalt ausreichend. Die Anreise sollte nicht auf einmal zurückgelegt werden. Für die Übernachtung kam Kärnten oder Nordslowenien in Betracht, ungefähr die Hälfte der Gesamtfahrzeit. Die Anzahl der FKK Campingplätze in Kärnten übersteigt die in Slowenien um ein Vielfaches. In Slowenien gibt es nur ein Campingplatz ca. 20 km nördlich von Laibach.
Der Reisetag rückte näher. Am Abend vor der Abfahrt, oder es könnte vielleicht auch der zweite Abend vor der Abfahrt gewesen sein, sorgte eine Nachricht dafür, dass wir das Zwischenziel, in das wir soviel Zeit für die Suche investiert haben, kurzer Hand bei Seite schoben und ein bis dahin noch nicht einmal in Betracht kommendes Zwischenziel ins Auge fassten. Unsere Freunde und Vereinsmitglieder Maria und Richard sandten uns eine Nachricht, in der sie uns mitteilten, dass sie sich auf Koversada befinden. Die Entscheidung hatte weitreichende Konsequenzen. Die Entfernung nach Koversada da ist erheblich größer als nach Kärnten oder nach Nordslowenien, was zur Folge hatte, dass wir, um überhaupt etwas vom Tag mit unseren Freunden zu haben, bereits am Mittwochabend den Diesel starteten und den Sechszylinder aufheulen ließen. Wir fuhren die Nacht durch, zuerst Tina, anschließend ich. Nach Plan erreichten wir die österreichische Autobahn kurz nach 24.00 Uhr, ab da galt unsere Vignette. Das freut das Schwabenherz. Alles gut gemacht! Die Fahrt führte uns, entgegen den Routenführungen vergangener Jahre über die Autobahn und durch die Alpentunnel und nicht über die Berge und Pässe. Wir besorgten uns extra beim Deutschen Automobilclub Videovignetten für den Tauern/ Katschberg-Tunnel und den Karavanken-Tunnel. Mich ärgerte im Nachhinein, dass beide Mautstellen ein Rückfall nahezu in das analoge Zeitalter hatten. Beim Tauerntunnel öffnet sich einfach die Schranke nicht. Natürlich war die Mautstelle auch nicht mit Personal besetzt. Ich suchte nach Möglichkeiten, für die Ruftaste war ich mir zu stolz, ein Mann (also ICH) und dazu noch ein Schwabe drückt keine Ruftaste!
So kam es, wie es kommen musste, ich musste das Fahrzeug tatsächlich verlassen, ich hatte einen Scanner entdeckt, der vielleicht den Barcode der Buchungsbestätigung lesen konnte, und welch ein Wunder es funktionierte. Mit unserer Kreditkarte wäre es erheblich schneller gegangen. Auch am Karavanken-Tunnel hätte ich die Videomaut nicht lösen müssen, allerdings war hier die Mautstelle mit einem Humanoiden besetzt, so konnte ich auf die Suche nach einem Scanner verzichten. Da das Morgengrauen auf sich warten ließ, damit Tina mich als Fahrer ablösen konnte, entschieden wir uns ein Nickerchen zu machen. Man muss ja an die Sicherheit denken und den Sekundenschlaf austricksen. Eine Stunde Powernapping machte uns wieder fit. Mir schmerzten die Augen vor Anstrengung. Als der Morgen graute wechselten wir wieder den Fahrersitz. Kurz vor sechs befanden wir uns hinter Koper, kurz vor der slowenischen-kroatischen Grenze. Wieder, wie schon öfter, hinderten mich meine schwäbischen Wurzeln an der Weiterfahrt, der Diesel ist halt mal in Slowenien günstiger als in Kroatien. So mussten wir warten, bis die DREI von der Tankstelle fünf Minuten vor sechs Uhr auftauchten und sich vorbereiteten, den Touris die Kohle, nicht nur für Sprit, aus der Tasche zu ziehen.
Vor uns wechselten Kartoffelchips, Red-Bull, Sandwiches und Vieles mehr die Besitzer (wohlgemerkt, ich war dritter an der Kasse). Wir sind bis auf den Sprit autark, Fleischküchle und Landjäger machen auch satt und sind besser als das Gummibrot von der „Tanke“. Kurz nach sieben Uhr morgens erreichten wir Koversada. Vor der Rezeption stand schon eine Schlange wie bei Aldi, wenn es Sonderangebote gibt. Dennoch konnten wir unseren Stellplatz um dreiviertel acht, für nicht Schwaben viertel vor acht, beziehen. Den Besuch bei den Freunden ließen wir nach einem landestypischen Essen, abends im Angesicht einer Delphinschule und einiger geleerten Flaschen ausklingen. Wir kommen bereits seit 30 Jahren regelmäßig nach Kroatien und waren des Öfteren auch auf Koversada, aber das Schauspiel von soviel Delphinen hatten wir noch nie gesehen. Am folgenden Morgen verließen wir die Freunde nach einem gemeinsamen Frühstück und machten uns auf den Weg zur Fähre nach Crès. Den Fährhafen Brestova erreichten wir weit vor zwölf Uhr, leider war die Fahrzeugschlange zu lang um auf der im Hafen liegenden Fähre einchecken zu können. Somit waren wir dazu verdammt, auf die nächste Fähre zu warten. Bei über 30 ° C kein Zuckerschlecken. Aber Buzzele (bei Schwaben die geliebte Frau) wäre nicht Buzzele, wenn sie im Kühlschrank nicht ein paar Mineralwasserflaschen gebunkert hätte. Wir haben die drei kalten Flaschen erbarmungslos nieder gemacht – der Durst blieb. Auf der Fähre gab es Wasser nur in PET-Flaschen. Wer mich kennt, der weiß was passiert bzw. was nicht passiert. Ich orderte zwei Dosen Bier! Von Ferne sieht die Insel grün und fruchtbar aus. Je näher man der Insel kommt, desto mehr erkennt man die Felsen und Steine. Um auf den Campingplatz Baldarin zu gelangen, muss man die gesamte Insel von Nord nach Süd durchqueren. Auf der Fahrt zum Campingplatz kommt man an großen Steinformationen vorbei. Entlang des Weges säumen große Steinmauern die Wegesränder. Etwas Abseits suchen sich die Bäume durch die Felsen den Weg an Licht. Wie ich später recherchierte dienen die Trockenmauern dem Erosionsschutz und sollen das wenige an fruchtbarer Erde schützen. Sie wurden in vielen Generationen errichtet. Eine Quelle nannte die Venezianer als Verursacher der heutigen Situation, sie sollen den ehemals üppigen Baumbestand der Insel für ihren Flottenbau genutzt haben, Diese Quellenangabe konnte ich allerdings nicht bestätigt finden. Wir erreichten gegen 16.00 Uhr den Campingplatz. Zu unserem Bedauern wurde uns mitgeteilt, dass das Restaurant vor drei Monaten innen ausgebrannt ist und sich noch im Bau befindet. Glücklicherweise findet bei unserer Planung neben Getränken immer noch ein Steak oder Ähnliches Platz im Kühlschrank, so konnten wir die unerwartete Situation des Nichtvorhandenseins eines Lokals, zumindest am ersten Abend kompensieren. Der Campingplatz ist zweigeteilt, ein kleiner Teil im Eingangsbereich ab der Rezeption ist den „Textilern“ vorbehalten. Nach dem Supermarkt beginnt der weitaus größere FKK-Teil des Platzes. Wir nahmen unseren Stellplatz in Beschlag, innerhalb kurzer Zeit hatten wir uns eingerichtet Das Nachtlager wurde auch schon vorbereitet. Nun musste ich wohl den Grill auspacken, wenn wir etwas essen wollten. Das fehlende Lokal brachte unsere ganze Versorgungslogistik ins Wanken, es mussten Möglichkeiten gefunden werden, wie wir unsere körperlichen Bedürfnisse stillen könnten. Der Plan stand schnell, während der Touren gehen wir unterwegs essen, die Möglichkeit eines zwei Kilometer entfernten Bistros/ Restaurants sollte auch in Anspruch genommen werden und wir grillen eben auch mal selbst (zum richtig Kochen sind wir nicht ausgerüstet, wir haben nur den Grill dabei). Von Baldarin aus wollten wir die wenigen geplanten Offroad-Touren starten. Die erste Tour sollte gleich am nächsten Morgen nach dem Frühstück starten, sie sollte mit einem Abstecher über Lošinj beginnen und bei der Ortschaft Crès enden. Wir überquerten die Dreh-Brücke bei Osor, unmittelbar danach sollte sich der Einstieg in die Route befinden. Der Einstieg entpuppte sich als Einfahrt zu einem Campingplatz. Die Möglichkeiten des Offroadens werden immer weniger. Auch beim zweiten Einstieg hatten wir Pech, die Vegetation mit ihren Sträuchern und Dornen machte es uns unmöglich durchzukommen. Der Lack unseres Fahrzeuges verträgt schon einiges, aber zu viel ist zu viel. Beim dritten Einstieg hat es dann funktioniert, wir fuhren eine als vom Schwierigkeitsgrad moderat bezeichnete Strecke.
Ohne Geländeuntersetzung und Differentialsperren legten wir den Weg zurück. Also wir würden die Strecke eher als leicht bis sehr leicht bezeichnen. Aber sie brachte uns der Stadt Crès näher, hier befindet sich eine der doch sehr rar gesäten Tankstellen der Insel. Nachdem der Durst unseres Sechszylinders gestillt war, machten wir uns auf die Suche nach einem gemütlichen Restaurant. Ich genoss die Fischsuppe, Martina ein Potpourri vom Fisch, anschließend ließen wir uns die gegrillten Calamari schmecken. Die nächsten Tage sollten der Erholung dienen, so der Deal mit Buzzele. Erholung kann schon gewaltig langweilig sein, wenigstens habe ich Zeit den Reisebericht zu schreiben (er kann eventuell etwas lang ausfallen – wegen der Langeweile). Aber auch jede Erholung hat ihr Ende, wir planten die nächste Tour am Mittwoch, es sollte in den Norden der Insel gehen. Bereits um sieben Uhr morgens saß Tina hinter dem Steuer, wir verließen Baldarin gen Norden. Diesmal war der Einstieg in die Route leicht zu finden und auch zugänglich ohne dass man die Kettensäge oder Heckenschere benötigt hätte. Tina fuhr zunächst die Schotterpiste, bald jedoch wechselte der Untergrund, die Steine wurden größer, und noch größer, ich denke hier stößt ein SUV an seine Grenzen, wenn es auch nur die Bodenfreiheit ist. Tina legte die Geländeuntersetzung ein, um bei den steilen Abfahrten die Geschwindigkeit besser regulieren zu können. Die Route endete direkt am Meer, leider standen hier zwei bewohnte Häuser, die über einen Anleger von Meerseite aus zu erreichen sind. So mussten wir unsere Kleider lassen wo sie waren – an uns und auf ein Bad verzichten. Wir tauschten die Plätze, ich nahm auf dem Fahrersitz Platz. Die felsige Strecke bergauf galt es zu bewältigen. Mein Magen signalisierte, dass wir uns der Mittagszeit näherten. Tina hatte auch nichts gegen eine Stärkung einzuwenden, so beschlossen wir unseren Bedürfnissen nachzugeben und ein Restaurant anzusteuern. Der nächste Ort auf der Karte war Beli, hier sollte es zwei Restaurants geben.
Wir erreichten Beli kurz vor zwölf Uhr. Zunächst sah es für uns so aus, als ob es nichts zu essen gäbe, wie sich später herausstellte eine Fehleinschätzung. Wir bestellten eine Fischplatte für 2 Personen, dazu gegrilltes Gemüse (das Gemüse hat den Grill nur von weitem gesehen) und Kartoffelsalat, den uns unser Tischnachbar (ein Bayer) empfohlen hatte. Ich überlegte noch, Kartoffelsalat in Kroatien, kann das was sein? Mein Gefühl sollte uns nicht trügen. Alles in Allem, der Fisch war geschmacklich spitze und frisch. Den Rest, wie sagt man…, kannst Du in der Pfeife rauchen. Wir machten uns auf den Weg in die Stadt Crès, wir wollten im dortigen Supermarkt noch einige Kleinigkeiten erstehen. Danach ging es schnurstracks Richtung Baldarin, bei 36° C wollten wir uns unbedingt unsere Kleider vom Leib reißen und unsere Körper in der Kvarner Bucht abkühlen. Wir hatten allerdings nicht die Rechnung mit der kroatischen Planung und Arbeitswut gemacht. Die Straße/ Weg auf einer Strecke von mehreren Kilometern vor dem Campingplatz wurde neu geteert. Eine Ankündigung gab es keine. Diese Tatsache bescherte uns 5 Stunden Wartezeit. Also fuhren wir wieder die 16 km nach Osor zurück. Wir machten einen kurzen Abstecher über die Brücke zu einer sich in der Nähe befindlichen Tankstelle, unser 6 Zylinder hatte wieder Durst. Wir verbrachten einen Teil der Wartezeit in Osor, genossen unser zweites kroatisches Eis in diesem Urlaub. Als wir schließlich um 18.30 h den Campingplatz erreichten, ließ ich bei der Rezeption erst einmal meinem Unmut freien Lauf. Um schlussendlich nach Erreichen unseres Stellplatzes und versorgen des Einkaufes (die Koteletts hatten zwischenzeitlich Körpertemperatur) in die kühlenden Fluten der Kvarner Bucht zu tauchen. Ob die Koteletts noch genießbar waren wird sich zeigen.
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